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Nur ein paar Meter
 
Es ist schon Abend und ich bin unterwegs zum Supermarkt. Noch das Nötigste besorgen kurz vor Ladenschluss. Eine Stimme überfällt mich, laut und wie es scheint direkt an meinem Ohr:
„Hallo!!! Was geht ab?“
Noch während ich zusammenzucke, sucht mein Gehirn verzweifelt nach Regionen, in denen Standards für solche Situationen abgelegt sind. Ein Blick zur Seite löst Entwarnung aus – ein Mann an der unteren Grenze mittleren Alters, akkurater Haarschnitt, Jeans, Trachtenjanker und Smartphone am Ohr.
„Hallo Süße, wie geht’s Dir denn?“
Was für ein Glück – ich bin nicht gemeint. Wohl eine Frau, die ihm irgendwie nahesteht. Vielleicht die Freundin. Ehefrau ist eher unwahrscheinlich, weil die Ansprache „Süße“ nach der Hochzeit sehr ungewöhnlich wäre. Aber wer weiß…
„Wie war es in der Schule?“
Ach so, es ist die Tochter! Ein fürsorglicher Vater möglicherweise. Oder einer, der seinen wöchentlichen Pflichtanruf macht.
„Naja, ein Gut ist doch gut oder?“
Also doch fürsorglich. Mal ein Vater, der versucht, seiner Tochter etwas vom Leistungsdruck zu nehmen. Oder auch nur ein Mann, der selber nicht so hohe Ansprüche stellt.
„Weißt Du, wo ich gerade bin? In München!!!“
Oha, a Preiß! Er spricht absolut dialektfreies Hochdeutsch. Gibt es eigentlich nur in Hannover. Und so wie es aussieht, hat er keinen wirklich dauerhaften Kontakt mit seiner Tochter, sonst hätte sie die sensationelle Nachricht, dass er nach München reist schon längst mitbekommen. Also ein von der Mutter getrennter Vater, dem an seiner Tochter gelegen ist. Ob er jetzt bald nach der Mutter fragt?
„Ich sag’s Dir, hier geht es total ab.“
Provinz! Er kommt aus der Provinz. Oder Hannover. Wenn einer seinem Kind weismachen will, dass es in München abgeht! Und er ist zum ersten Mal in seinem Leben in München!
„Hier brettern die Radfahrer durch die Stadt. Das kannst Du Dir nicht vorstellen!“
Oh…
„Die rasen hier über die Radwege, Wahnsinn! Das ist so geil!“
Für den Eingeborenen sind rasende Radfahrer ja manchmal ein Ärgernis. Aber hier ist jemand, der so etwas noch nie gesehen hat und daran offensichtlich seine größte Freude hat. Da, wo er herkommt, gibt es das, wie es scheint nicht. Entweder gibt es dort keine Radwege oder die ansässige Bevölkerung hat die Faszination des Radlrasens noch nicht für sich entdeckt. Oder es ist zu bergig zum Rasen. Das würde gegen Hannover sprechen. Und mein Begleiter scheint sich nach der Möglichkeit mit dem Radl die Sau rauszulassen zu sehnen.
„Du, grad hat ein Auto auf dem Gehweg geparkt und einer mit einem Mountainbike hat die Fahrerin sooo zur Sau gemacht. Hat das alles fotografiert und geschrien, dass er sie anzeigt. Wahnsinn!“
Schon interessant was einer toll an einer fremden Stadt findet und was er darüber seiner Tochter erzählt. Er will ihr wohl Heldengeschichten erzählen. Und vielleicht wäre er gerne selbst dieser Held.
„Weißt Du, wo ich jetzt hingeh? In den Löwenbräukeller…“
Deshalb also der Trachtenjanker. Er ist sicher geschäftlich in München und darf jetzt mit seinen Geschäftspartnern soviel Bier trinken, bis die Abschlüsse abgesichert sind.
Ich überlege kurz, ob ich den Herrn noch bis zum Löwenbräukeller begleite, um in den Genuss auch der letzten Informationen zu kommen, entschließe mich aber doch, an dieser Stelle in den Supermarkt abzubiegen.
 
So bleibt der weitere Verlauf Spekulation. Er wird, spätestens wenn er am Eingang zum Löwenbräukeller angekommen ist, das Gespräch mit seiner Tochter, wahrscheinlich abrupt, beenden. Er wird ihr eine gute Nacht wünschen, vielleicht noch eine vage Andeutung machen, wann sie sich wiedersehen, noch einmal „Süße“ sagen und, ohne nach der Mutter zu fragen, auflegen.
Dann wird er seine Geschäftspartner treffen, einen Smalltalk über rasende Radfahrer beginnen und er wird verwundert sein über die Reaktionen der Männer, die allesamt mit ihren Porsches und SUVs angereist sind und naturgemäß einen ganz anderen Blick auf Münchens Radler haben.
Er wird natürlich wie alle anderen am Tisch sein Bier aus diesem Ein-Liter-Krug trinken und nach dem vierten wird er, schon scheinintegriert, noch eine „Moass“ ordern. Und er wird stolz sein auf sich.
Am Ende wird es nicht viel brauchen, ihn zu überreden, noch eine dieser schicken Bars im gerade angesagtesten Viertel der Stadt aufzusuchen. Auf einen Cocktail oder zwei. Und wenn er sich irgendwann auf den Weg zurück zum Hotel macht, wird ganz München froh sein, dass er kein Radl dabei hat. Und ganz vielleicht wird er am Ende noch ein wenig sentimental und ruft bei der Mutter seiner Süßen an. Die aber kennt seine Nummer und wird nicht drangehen.
Wenn er am nächsten Vormittag frei hat, wird er als erstes einen Fahrrad-Verleih googeln. Er hat bestimmt vorgesorgt und Bikerklamotten dabei, an den Trachtenjanker hat er ja auch gedacht. Er wird sich auf den Sattel schwingen, sich die Seele aus dem Leib strampeln und irgendwann feststellen, dass er gegen all die rasenden E-Bikes nicht ankommt.

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© COPYRIGHT 2018 ARNO JAUERNIG.
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